Service public: weniger Staat - mehr privat

Reformen im Postsektor dringend nötig
Die Digitalisierung und die dadurch veränderten Kundenbedürfnisse lassen das Kerngeschäft der Liechtensteinischen Post seit Jahren schrumpfen – die Abschaffung des Restmonopols auf Briefe bis 50 Gramm dürfte die Situation weiter verschärfen: Die Liechtensteinische Post steht vor grossen Herausforderungen. Sie wird es immer schwerer haben, den heutigen Service-public-Standard eigenwirtschaftlich zu erbringen. Um drohenden Verlusten vorzubeugen, sind Reformen im postalischen Sektor notwendig. Deshalb ist es zu befürworten, dass der Landtag sich im Juni gegen eine Anpassung der Beteiligungsstrategie ausgesprochen hat. Die Post braucht freie Hand, um auf die geänderten Rahmenbedingungen reagieren zu können. Paketboxen, an denen die Pakete zu jeder Tages- und Nachtzeit abgeholt werden können, entsprechen den heutigen Kundenbedürfnissen vielleicht eher, als Postfilialen mit starren Öffnungszeiten. Das Paketgeschäft ist ohnehin der einzige Bereich des Kerngeschäfts, der wächst beziehungsweise durch die Coronapandemie sogar einen regelrechten Boom erlebt hat. Die Briefmenge hingegen hat sich in den letzten 20 Jahren halbiert, der Zahlungsverkehr ist sogar um rund 60 Prozent geschrumpft. Eine Trendumkehr ist nicht in Sicht – ganz im Gegenteil. Der Trend zur E-Rechnung nimmt erst langsam Fahrt auf, auch laufen Bestrebungen, dass Behördenbriefe künftig vermehrt elektronisch verschickt werden. Online- und Mobilebanking werden immer einfacher zu bedienen, das gelbe Einzahlungsbüchlein damit je länger je mehr zum Auslaufmodell.
Daher empfiehlt Zukunft.li den Service-public-Auftrag auf das in einer digitalen Welt erforderliche Minimum zu reduzieren und – wenn der Postmarkt liberalisiert ist – analog zu anderen Sektoren (z.B. öffentlicher Verkehr oder Telekommunikation) auszuschreiben. Dadurch würden einerseits die Kosten des Service public transparent, was eine Diskussion über den politisch gewünschten Umfang ermöglichen würde. Andererseits könnten sich Dritte um den Auftrag bewerben. Stellt sich in dem Sektor Wettbewerb ein, sollte sich der Staat zurückziehen und Privatisierungsschritte für die Post einleiten. Auf Quersubventionierung des Service public aus Bereichen, die in Konkurrenz zur Privatwirtschaft erbracht werden, wie beispielweise Logistikdienstleistungen oder der Verkauf von Papeterieartikeln, sollte verzichtet werden.
Kein Rechtfertigungsgrund für staatliche Telecom
Der Telekommunikationssektor ist bereits einen Schritt weiter als der postalische Bereich. Er ist seit Jahren liberalisiert. Dies und die technologische Entwicklung haben zu einem sehr kompetitiven Markt geführt. War anfangs 2016 die Telecom Liechtenstein noch einzige Anbieterin von Dreifachbündeln mit Internet, TV- und Telefonanschlüssen, sind es inzwischen acht Wettbewerber, die um Kunden buhlen. Die Marktanteile der Telecom in den Bereichen der Grundversorgung sinken kontinuierlich. Der Wettbewerb wirkt sich auf die Preise aus. Sie sind in den letzten Jahren auch im Vergleich zu den Nachbarländern sehr konkurrenzfähig geworden. Daher stellt sich die Frage: Wäre es an der Zeit, dass sich der Staat als Unternehmer aus diesem Markt zurückzieht? Die Antwort von Zukunft.li ist ja. Es gibt keinen Rechtfertigungsgrund mehr für den Staat, in diesem funktionierenden Markt aktiv zu sein. Deshalb ist die Telecom Liechtenstein zu privatisieren. Der Grundversorgungsauftrag wird bereits heute periodisch ausgeschrieben. Es ist also nicht zu befürchten, dass durch den Rückzug des Staates keine flächendeckenden Telekommunikationsdienstleistungen zu erschwinglichen Preisen mehr angeboten würden. Das Netz (Glasfaser/Kupfer/Koax) hingegen, das von den Liechtensteinischen Kraftwerken betrieben wird, soll in staatlicher Hand belassen werden. Es handelt sich dabei um systemrelevante Infrastruktur. Die vertikale Trennung von Netz und Diensten, die in Liechtenstein einzigartig ist, hat sich als Wettbewerbsvorteil erwiesen.
Komplettes Umdenken im Gassektor
Klimapolitische Überlegungen spielen beim Service public im Gassektor eine entscheidende Rolle. Das von Liechtenstein unterzeichnete Pariser Klimaabkommen gibt den Takt vor. Um bis 2050 komplett von fossilen auf erneuerbare Energien umzusteigen, braucht es einen deutlichen Kurswechsel im Gassektor. Um die Klimaziele zu erreichen muss der Ausbau des Gasnetzes schnellstmöglich gestoppt und der Ausbau der Wärmenetze forciert werden. Das flächendeckende Gasnetz muss längerfristig zum Auslaufmodell werden, weil es heute klimaschonendere und effizientere Alternativen zur Beheizung von Gebäuden gibt. Erneuerbares Gas ist teuer und sollte daher nur punktuell und nicht flächendeckend zum Einsatz kommen.
LKW – Konzentration aufs Kerngeschäft
Auch der Elektrizitätssektor ist aufgrund klimapolitischer Überlegungen stark im Wandel. Die «Energiewende» führt nicht nur zu einem höheren Anteil an Strom aus erneuerbaren Energien, sondern erschwert auch die Versorgungssicherheit. Ein höherer Eigenversorgungsgrad sowie ein intelligentes Netz (Smart Grid) helfen, diesen sicherzustellen. Auch hier gilt: Die LKW sollten sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren, also Netzinfrastruktur, Stromproduktion und -handel sowie auf die Verbesserung des Eigenversorgungsgrades. Bereiche, in denen sie in Konkurrenz zur Privatwirtschaft stehen, wie Elektrofachhandel, Montage von Fotovoltaikanlagen für Private oder Elektroinstallationen, sollten verkauft oder eingestellt werden.
Öffentlicher Verkehr gut gelöst
Die LIEmobil als schlank aufgestelltes öffentliches Unternehmen vergibt den eigentlichen Transportdienstleistungsauftrag grösstenteils an private Unternehmen – im öffentlichen Verkehr hat Liechtenstein eine Organisationsform gewählt, die effizient ist und den Wettbewerb fördert. Da sich der politisch gewünschte Leistungsumfang im öffentlichen Verkehr mit den heutigen Tarifen nicht selbsttragend erbringen lässt, ist es gerechtfertigt, dass ein Grossteil der Kosten durch Staatsbeiträge gedeckt wird. Zur Herausforderung wird jedoch zunehmend die Verkehrsdichte in den Stosszeiten. Wenn Busse im Stau stehen und deshalb Anschlüsse nicht einhalten können, schwindet die Akzeptanz. Daher gilt sicherzustellen, dass der Verkehr auch zu Stosszeiten besser fliesst – ein Ansatz wäre die Einführung des Roadpricing-Systems, das Zukunft.li Anfang 2020 vorgestellt hat.