Road Pricing – Ein System zur effizienten Nutzung der Strasseninfrastruktur
Ein Termin morgens um 8 Uhr in Schaan oder Vaduz ist ein Geduldsspiel. Meist steckt man um diese Zeit im Stau, wenn man beispielsweise von der Autobahn ins Zentrum fahren will. Und die Problematik wird grösser: Durch das Wachstum der Wirtschaft und der damit verbundenen Zunahme von Arbeitsplätzen steigt auch die Zahl der Autos, die sich auf den Strassen in Liechtenstein bewegen – oder eben nicht bewegen. Die Stauzeiten nehmen zu und der Frust steigt. Dabei geht es um die Situation heute, aber noch viel stärker um die sich abzeichnende Entwicklung in den nächsten Jahren. Bei einer zu erwartenden weiteren Zunahme des Verkehrs werden die Stauzeiten rasch Dimensionen erreichen, die spürbar und einschränkend sind. Dies sollte mit einer vorausschauenden Verkehrspolitik verhindert werden.
Nutzungsabhängige Abgaben
Der Vorschlag zur Einführung von Road Pricing baut auf einer ökonomischen Gewissheit auf: Alles hat seinen Preis. Der Verkehr generiert Kosten, die heute nicht vom Verursacher, sondern von der Allgemeinheit getragen werden. Dabei spielt das eigene Nutzungsverhalten keine Rolle. Viel- und Wenigfahrer werden durch die von den gefahrenen Kilometern unabhängige Motorfahrzeugsteuer gleich belastet. Diese Situation führt dazu, dass der Verkehr zu billig ist und die Infrastruktur übernutzt wird – wie sich jeden Tag in Liechtenstein feststellen lässt.
Zukunft.li ist überzeugt, dass die Kosten des Verkehrs für den Einzelnen zum einen transparenter gemacht und zum anderen stärker vom Verursacher getragen werden sollten. Dabei konzentrieren wir uns auf die Stausituation am Morgen und am Abend. Andere Ziele, wie die Minimierung des Schadstoffausstosses, spielen im Vorschlag keine Rolle, könnten aber durch den modularen Aufbau zu einem späteren Zeitpunkt einfliessen. Damit soll gewährleistet werden, dass mit einem einfachen System ein konkretes Ziel erreicht wird, anstatt mit einem komplexen System mehrere Ziele nicht oder nur ungenügend abzudecken.
Abgabe nur in Spitzenzeiten und für in- und ausländische Personenwagen
Neu soll die Fahrt während den Spitzenzeiten pro gefahrenem Kilometer CHF 0.40 kosten. Diese Regelung gilt nur an Werktagen von 7.00 - 9.00 und von 16.00 - 18.00 Uhr und ausschliesslich für Personenwagen. Dadurch soll ein Teil der in den Spitzenzeiten verursachten Kosten auf den Nutzer umgelegt werden und zu Verhaltensänderungen führen. Der Verkehrsteilnehmer kann im Rahmen seiner Möglichkeiten entscheiden, ob er zu dieser Zeit fahren und damit bezahlen will oder ob eine spätere Fahrt oder z. B. die Nutzung des öffentlichen Verkehrs möglich wären.
Abschaffung der Motorfahrzeugsteuer und Ausbau des grenzüberschreitenden ÖV
Road Pricing soll aber nicht zu Mehreinnahmen beim Staat oder gar zu einer generellen Zusatzbelastung des Autos führen. Mit der vorgeschlagenen Abschaffung der Motorfahrzeugsteuer für Personenwagen wird das heute starre System flexibler und die steuerliche Belastung nutzungsabhängig. Die Einnahmen aus den Fahrten ausländischer Fahrzeuge werden verpflichtend in den Ausbau des grenzüberschreitenden öffentlichen Verkehrs investiert.
Deutliche Senkung des Staurisikos - Verkehr fliesst wieder
Die Wirkungen dieses Vorschlags werden in der aktuellen Publikation «Road Pricing» aufgezeigt und sie sind eindrücklich. Der Verkehr nimmt gemäss den Schätzungen der involvierten Verkehrsexperten insgesamt um rund 7% ab, in den Spitzenzeiten sogar um 24%. Dadurch sinkt das Staurisiko um rund 20%, mehrheitlich flüssiger Verkehr wird zur Realität. Ursache dafür sind Verhaltensänderungen der Nutzer. Zum einen werden einige neu die Spitzenzeiten meiden, da ihre Fahrten grundsätzlich nicht zeitkritisch sind und zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden können. Und zum anderen werden einige andere Verkehrsmittel nutzen, zum Beispiel den Bus oder das Fahrrad.
Ausbau des ÖV als wichtiges Element
Durch die weitgehende Beseitigung des Staus gewinnt auch der ÖV an Attraktivität, da er ohne Stau den Fahrplan mit höherer Verlässlichkeit einhalten kann. Anschlüsse an andere Verkehrssysteme sind damit auch in den Spitzenstunden gewährleistet. Zur weiteren Attraktivitätssteigerung – und als wirkliche Alternative zum Auto in den Spitzenzeiten – sollte vorgängig zu einer Einführung von Road Pricing das ÖV-Netz nochmals bedeutend ausgebaut werden.
Mit Road Pricing kann ein Schritt zur Lösung der Verkehrsproblematik gemacht werden. Es ist aber nur ein Element einer zukunftsfähigen Verkehrspolitik, die weitere Massnahmen wie den Ausbau des Radwegnetzes für den Arbeitsweg umfassen sollte.