Service public: Vorzeichen ändern sich, Politik ist gefordert
Im Zukunft.li-Podcast diskutiert Moderator Sigvard Wohlwend das Thema mit den beiden stellvertretenden Landtagsabgeordneten Thomas Hasler (FBP) und Hubert Büchel (VU) sowie mit der Projektleiterin der Service-public-Studie von Zukunft.li, Doris Quaderer. Sie sei überzeugt, dass sich die Politik nun mit der Frage auseinandersetzen müsse, welche Art von Grundversorgung in diesen Bereichen in Zukunft notwendig sei bzw. inwieweit der Staat in diesen Bereichen noch als Unternehmer auftreten müsse. Diese Frage stelle sich insbesondere im Telekommunikationsmarkt, wo die staatliche Telekom in den letzten Jahren in allen Bereichen Marktanteile an Wettbewerber verloren habe. Es sei an der Zeit, die Privatisierung der Telecom umfassend zu prüfen. Dieser Meinung ist auch Hubert Büchel. Das Thema Privatisierung «köchle» schon lange vor sich hin, nun sei es an der Zeit, «das Menü zu servieren». Ihn störe, dass die Telecom in der Schweiz eine Expansionsstrategie verfolge. Dazu sei sie aber gezwungen, denn das Kerngeschäft schrumpfe, die Zahl der Festnetzkunden nehme ab, weshalb die Telecom neue Geschäftsfelder erschliessen müsse, um die Vorgaben der Eignerstrategie der Regierung zu erfüllen. Dass sie dabei in Konkurrenz zu privaten Anbietern tritt, ist auch Thomas Hasler ein Dorn im Auge. Schliesslich haben die beiden Regierungsparteien FBP und VU im Koalitionsvertrag festgehalten, dass der Service public durch öffentlich-rechtliche Unternehmen sichergestellt werden soll, möglichst ohne private Unternehmen zu konkurrenzieren. Hasler stellt jedoch fest, dass der Leidensdruck wohl noch zu gering sei, schliesslich sei es für die Politik praktisch, wenn bei den staatlichen Unternehmen Dividenden abgeschöpft werden könnten. Das sei aber der falsche Weg, denn mit Service public müsse der Staat nicht Gewinn machen.
Rosinenpicken stellt Post vor grosse Herausforderungen
Das Marktumfeld für die Post ist ohnehin schwierig, da das Briefgeschäft seit Jahren zunehmend durch digitale Alternativen konkurrenziert wird. Erschwerend kommt hinzu, dass der Postmarkt erst kürzlich durch die Umsetzung einer EU-Richtlinie liberalisiert wurde. Kaum umgesetzt, kündigte bereits ein kleines Unternehmen, das unter anderem von ehemaligen Post-Mitarbeitern gegründet wurde, bereits den Markteintritt im Massengeschäft an. Sollten diese Konkurrenten Erfolg haben, könnte es für die Post schmerzhaft werden. Denn während sich die Konkurrenten nur die Rosinen aus dem Kuchen picken können, muss die Post die flächendeckende Grundversorgung weiterhin auf dem von der Politik definierten hohen Niveau anbieten. Wettbewerb belebt zwar den Markt, wovon die Konsumenten profitieren, die Politik ist aber auch in der Verantwortung, für faire Marktbedingungen zu sorgen. Für die Podcast-Teilnehmer ist klar, dass es zunächst Transparenz darüber braucht, was der Grundversorgungsauftrag der Post überhaupt kostet. Erst wenn darüber Klarheit herrscht, kann über den Umfang und eine allfällige Abgeltung des Grundversorgungsauftrags diskutiert werden.
Energiehandelsplattform als Anreiz für private Investitionen
Auch auf dem Strommarkt dürfte der Eintritt eines Wettbewerbers zu einer Anpassung der Strompreise beigetragen haben. Hier sind die Bedingungen bereits reguliert, da die LKW Wettbewerbern den Zugang zur Netzinfrastruktur zu regulierten Preisen gewähren müssen. Der Strommarkt habe aber noch mehr Potenzial, ist Doris Quaderer überzeugt. So hänge die Attraktivität privater Photovoltaikanlagen nicht nur von der staatlichen Förderung ab, sondern auch von den Rahmenbedingungen des Gesetzgebers oder der Struktur der Stromtarife ab. Derzeit können private Erzeuger ihren überschüssigen Strom zwar an die LKW verkaufen, nicht aber direkt an Verbraucher, etwa in der Nachbarschaft. Für diesen Handel mit Strom aus dezentralen Anlagen (z. B. Solar- oder Biogasanlagen von Privatpersonen, Unternehmen oder Energiegenossenschaften) müssen entsprechende Rahmenbedingungen mit flexiblen Tarifstrukturen geschaffen werden. Eigentlich hatten die LKW angekündigt, bis 2022 eine Energiehandelsplattform zu starten, über die beispielsweise Besitzer von Photovoltaikanlagen Strom handeln können. Ein Vorhaben, das für mehr Wettbewerb auf dem Strommarkt sorgen könnte und daher von den Diskussionsteilnehmern begrüsst würde.