Raumentwicklung Liechtenstein - Wie wirken wir?
Die Veranstaltung vom 16. Mai 2019 war gut besucht. Dies zeigt, dass die Raumentwicklung an sich und insbesondere die Rolle Liechtensteins in der Region interessiert. Sicherlich hat auch die Auswahl der Referenten dazu beigetragen. Mit Prof. Dr. Anne Brandl (Universität Liechtenstein), Gabor Mödlagl (Stadtbaumeister von Feldkirch) und dem ehemaligen St. Galler Kantonsplaner Ueli Strauss konnten drei Vortragende gewonnen werden, die mit Expertise und klaren Worten den Abend mitgestalteten.
Prof. Dr. Anne Brandl betonte in ihrem Referat die Wichtigkeit einer gemeinsamen und gemeindeübergreifenden Raumplanung. Die heutige kleinteilige Raumentwicklung mache eher den Anschein, dass es sich bei Liechtenstein um die «Vereinigten Dörfer von Liechtenstein» handle als um ein Land:
«Raumplanung ist nicht die Summe von Einzelinteressen; eine nachhaltige und wettbewerbsfähige Raumentwicklung kann nicht vom einzelnen Grundstück, der einzelnen Gemeinde aus gedacht werden. Das Thema Raumentwicklung muss jetzt angegangen werden, damit wir unsere Vorstellungen in den äusserst dynamischen, grenzüberschreitenden Wirtschaftsraum des Alpenrheintals einbringen können. Dabei sollten die LiechtensteinerInnen in einem breit abgestützten Diskussionsprozess gemeinsam über zukünftige Lebensqualitäten und Standortattraktivitäten nachdenken. Das Land hat mit seinen kurzen Wegen in Politik und Verwaltung, seinen finanziellen, wissenschaftlichen und soziokulturellen Ressourcen alle Voraussetzungen, um einen innovativen Raumentwicklungsprozess anzustossen.»
Dies deckt sich mit einer der vier Empfehlungen aus unserer Studie «Raumentwicklung Liechtenstein – Gestalten statt nur geschehen lassen»: Start eines kooperativen, breit abgestützten Raumentwicklungsprozesses.
Gabor Mödlagl ist Stadtbaumeister von Feldkirch. Er ist unter anderem mit den räumlichen Auswirkungen Liechtensteins auf Feldkirch konfrontiert:
«Feldkirchs Stadtentwicklung ist eng verbunden mit der Standortpolitik Liechtensteins. Betriebliche, raumplanungsrechtliche und bodenpolitische Entscheidungen sowie eine restriktive Zuwanderungspolitik wirken sich unmittelbar in Feldkirch aus. Der Unterschied ist nur, dass wir bei der Festlegung der Standortfaktoren nicht eingebunden sind, also unsere Stadtentwicklung nur reagieren kann.»
Ueli Strauss war bis November 2018 während 17 Jahren Leiter des Amtes für Raumentwicklung und Geoinformation des Kantons St. Gallen. Er sieht in Liechtenstein Herausforderungen, vor denen auch die Schweiz steht, die dort aber aktiv angegangen werden. Insbesondere in der Eindämmung der Zersiedelung ortet er einen wichtigen Hebel:
«Jedes Land braucht eine Strategie in der Raumentwicklung, um für zukunftsfähige Lösungen die richtigen Entscheide zu fällen. Zersiedlung, wie sie heute stattfindet, ist keine enkeltaugliche, sprich nachhaltige Lösung; für energieeffiziente, klimafreundliche und sozialräumlich gute Überbauungen braucht es Innenentwicklungskonzepte und Konzentration der Bauzonen auf mit dem öffentlichen Verkehr gut erschlossene Lagen.»
Gestalten statt nur geschehen lassen
Die Referate haben gezeigt, dass bei unseren Nachbarn in den letzten Jahren zahlreiche räumliche Massnahmen ergriffen wurden. Diese sind nicht eins zu eins auf Liechtenstein übertragbar, aber es findet eine aktive Auseinandersetzung mit dem Thema statt. Liechtenstein muss sich dringend mit seiner räumlichen Entwicklung befassen, um zumindest zwei Ziele zu erreichen: Erstens den kommenden Generationen ein lebenswertes Land zu hinterlassen, das Chancen für eine Weiterentwicklung der Gesellschaft, aber auch der Wirtschaft bietet. Zweitens muss Liechtenstein seine Rolle als wichtiger Partner in der Region wieder stärker wahrnehmen.
Mit unserer Studie «Raumentwicklung Liechtenstein – Gestalten statt nur geschehen lassen» möchten wir die Diskussionen zur räumlichen Entwicklung Liechtensteins wieder anstossen. Das grosse Interesse aus Politik, Wirtschaft und privaten Kreisen zeigt uns, dass das Thema die Menschen bewegt. Aus unserer Sicht ist dies ein Ansporn für die Politik, einen grossen Schritt für die Zukunftsfähigkeit des Landes zu machen.
Haben wir Ihr Interesse geweckt? Sie können die Studie hier als pdf beziehen.
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