Hoher Reformbedarf im Service-public-Bereich
Liberalisierung und Digitalisierung haben die Rahmenbedingungen für die aktuelle und zukünftige Geschäftstätigkeit von Post und Telecom massiv verändert. Bei der Gründung der beiden Unternehmen vor rund 20 Jahren kamen E-Mails und Mobilfunktelefone gerade in der breiten Masse an. Seither hat sich das Briefvolumen halbiert, der Zahlungsverkehr in den Postfilialen ist um 60 Prozent eingebrochen. Der Paketmarkt ist längst liberalisiert, die Margen sind gesunken. Der Wegfall des noch bestehenden Restmonopols im Briefbereich steht kurz bevor. Im Telekommunikationsbereich wird die klassische Festnetztelefonie durch digitale Angebote verdrängt, die Konkurrenz wächst. Inzwischen buhlen acht Konkurrenten um Marktanteile in diesem Sektor.
Politik drängt öffentliche Unternehmen zu höheren Risiken
Für die Konsumenten ist mehr Wettbewerb grundsätzlich positiv, für die öffentlichen Unternehmen hingegen wird die Situation zunehmend zur Herausforderung. Denn von ihnen wird erwartet, dass sie in liberalisierten Märkten einen qualitativ hochwertigen Service public erbringen und dies möglichst eigenwirtschaftlich, sozial und ökologisch. Die Politik schreckt davor zurück, die Service-public-Anforderungen an die digitale und liberalisierte Welt anzupassen. Stattdessen drängt sie die staatlichen Anbieter in wettbewerbliche Märkte, um die wegbrechenden Erträge im Kerngeschäft zu kompensieren. Das führt zu Wettbewerbsverzerrungen und höheren Risiken für die Steuerzahler. Zukunft.li plädiert in ihrer neusten Studie dafür, die Kosten des Service public in den jeweiligen Sektoren transparent auszuweisen sowie die Grundversorgungsverpflichtungen regelmässig zu überprüfen und an die jeweiligen Bedürfnisse anzupassen.
Bald ein Fossil? Seit der Gründung der Liechtensteinischen Post vor 20 Jahren hat sich die Briefmenge halbiert. Eine Trendumkehr ist nicht in Sicht - im Gegenteil: Der Rückgang der Briefpost könnte sich noch beschleunigen. (Foto: Zukunft.li) |
Telecom privatisieren - Post reformieren
Ausserdem gibt es aus ökonomischer Sicht keinen Rechtfertigungsgrund mehr für eine staatliche Telecom. Daher empfiehlt Zukunft.li, die Telecom zu privatisieren. Das leitungsgebundene Netz als systemrelevante Infrastruktur sollte jedoch bei den LKW und damit in staatlicher Hand belassen werden. Auch die Post könnte längerfristig privatisiert werden, wenn sich nach dem letzten Liberalisierungsschritt im Postbereich ein funktionierender Wettbewerb einstellt. Ausserdem sollte das Pflichtenheft der Post an das digitalisierte Zeitalter angepasst werden: Mobiler Hausservice für Postdienstleistungen oder Paketboxen, an denen die Pakete zu jeder Tages- und Nachtzeit abgeholt werden können, entsprechen den heutigen Kundenbedürfnissen vielleicht eher, als Postfilialen mit starren Öffnungszeiten.
Ausbaustopp beim Gasnetz – Versorgungssicherheit stärken
Anders präsentieren sich die Herausforderungen im Energiesektor. Die Politik hat sich mit der Unterzeichnung des Pariser Klimaabkommens und der Energievision 2050 ambitionierte Ziele gesetzt, die im Rahmen der Studie nicht bewertet wurden. Deutlich wird jedoch, dass die Liechtensteinischen Kraftwerke (LKW) und die Liechtensteinische Gasversorgung (LGV) eine zentrale Rolle bei der Umsetzung dieser Klimaziele spielen. Deren Eignerstrategien und die entsprechenden Spezialgesetze wurden jedoch bislang nicht ausreichend an die neuen Gegebenheiten angepasst. Um Fehlinvestitionen zu vermeiden, muss die zukünftige Rolle von Gas im Wärmebereich geklärt werden. Klimafreundliches Gas ist teuer und aufwändig herzustellen, daher sollte es aus Effizienzgründen künftig nicht zur Beheizung von Wohnhäusern eingesetzt werden. Zukunft.li empfiehlt daher, den Ausbau des Gasnetzes zu stoppen und stattdessen in Wärmenetze zu investieren.
Der Ausbau des Gasnetzes sollte gestoppt und im Gegenzug der Ausbau der Wärmenetze forciert werden. Jeder Kilometer Gasnetz, der heute noch gebaut wird, macht uns den Ausstieg in Zukunft schwerer. (Foto: Fernwärme- und Dampfleitung Buchs - Schaan) |
Für eine effiziente Energieversorgung: LKW und LGV fusionieren
Da die Sektoren Gas, Elektrizität und Wärme durch neue Technologien näher zusammenwachsen, sollte erneut eine Fusion von LGV und LKW geprüft werden. Weil es zukünftig anspruchsvoller wird, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, müssen sich die Energieversorger vermehrt auf die Sicherstellung der Grundversorgung und die Erhöhung des Eigenversorgungsgrades konzentrieren. Die Tätigkeit der LKW in wettbewerblichen Märkten, also zum Beispiel Elektroinstallationen, Bau von Fotovoltaikanlagen für Private oder Energieladen, sollte hingegen eingestellt bzw. die Sparten sollten verkauft werden. Aus ökonomischer Sicht gibt es keinen Rechtfertigungsgrund für den Staat, in diesen Märkten Private zu konkurrenzieren.
LIEmobil gut aufgestellt – aber der Verkehr sollte rollen
Der fünfte Sektor, den Zukunft.li überprüft hat, ist der öffentliche Verkehr. Die LIEmobil ist schlank aufgestellt und kümmert sich um Gestaltung, Planung, Organisation und Vermarktung des Leistungsangebots. Die eigentliche Fahrdienstleistung wird periodisch ausgeschrieben und an private Auftragnehmer vergeben. Aus Sicht von Zukunft.li ist dies eine effiziente und transparente Lösung. Handlungsbedarf besteht jedoch im Bereich der Verkehrspolitik. Zukunft.li hat im vergangenen Jahr mit Road Pricing eine effiziente Lösung zur Steuerung des Verkehrsflusses und zur Reduktion der Staus vorgestellt. Dadurch würde der ÖV zum Rollen gebracht und an Attraktivität gewinnen.
Hier geht's zur Studie.