Grenzüberschreitende Dienstleistungen - zurück zu «gleich kurzen Spiessen»
Bis vor einigen Jahren konnten Unternehmen aus Liechtenstein und der Schweiz Dienstleistungen im jeweils anderen Land ungehindert erbringen. Heute ist dies nicht mehr der Fall. Der Grund liegt in der Umsetzung von EU-Vorschriften («Entsenderecht»), die im Falle von grenzüberschreitenden Dienstleistungen unter anderem Wettbewerbsverzerrungen verhindern sollen.
Während Waren aufgrund des Zollvertrags mit der Schweiz die Grenze nach wie vor ungehindert passieren können, schränken Voranmelde- und Bewilligungspflichten den Dienstleistungsverkehr ein und führen zu hohen administrativen Kosten. Weil die Schweiz verschiedene Massnahmen vor Liechtenstein umsetzte, fühlten sich Unternehmen hierzulande gegenüber ihren Mitbewerbern benach- teiligt. 2016 kam die Regierung den Forderungen des Gewerbes nach und sorgte durch eine Anpassung an die Schweizer Vorschriften für «gleich lange Spiesse». Dieses einschränkende Regelungsgeflecht widerspricht einem liberalen Wirtschafts- verständnis, zumal die Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen zum Beispiel durch Lohnunterschiede zwischen Liechtenstein und der Schweiz sehr gering ist.
Besonders relevant sind die Regelungen dann, wenn sie wirtschaftliche Aktivitäten einschränken. In einer Umfrage bei liechtensteinischen Gewerbetreibenden geben von rund 100 Unternehmen mehr als 30 % an, dass sie mittlerweile aufgrund der administrativen Hürden gelegentlich auf Aufträge aus der Schweiz verzichten, bei 12% ist dies sogar oft der Fall.
Verzicht auf grenzüberschreitenden Auftrag - nicht repräsen- tatives Umfrageergebnis bei ausgewählten Sektionen der Wirtschaftskammer Liechtenstein (n = 102)
Quelle: Stiftung Zukunft.li
Obwohl die Politik auf beiden Seiten des Rheins die aufgebauten Hürden wieder abbauen möchte, ist dies bis anhin nicht geschehen. Die Schweiz stellt sich auf den Standpunkt, dass weitergehende Sonderregelungen, wie sie bereits mit Liechtenstein bestehen, aufgrund der bilateralen Regelungen zwischen ihr und der Europäischen Union (EU) nicht möglich sind. Eine Rechtsanalyse zeigt in dieser Studie auf, dass Liechtenstein durchaus stichhaltige Argumente anführen kann, um die Angelegenheit mit der Schweiz noch einmal aufzunehmen. Voraussetzung dazu ist der beidseitige politische Wille, den ursprünglich offenen Markt für Dienstleistungen zwischen Liechtenstein und der Schweiz durch eine Anpassung des bilateralen Rahmenvertrags wiederherzustellen.
Podcast mit Unternehmern
Hören Sie hier den Podcast mit Christoph Frommelt aus Schaan und Robert Keusch aus Buchs, beide als Unternehmer von den beschriebenen Einschränkungen betroffen.