Effizienzpotenzial der Gemeinden - Aufgabenerfüllung im Spannungsfeld zwischen Autonomie und Fusion
Die Gemeinden erfüllen als zweite Staatsebene wichtige öffentliche Aufgaben. Sie können diese entweder vollkommen selbstständig wahrnehmen, mit anderen Gemeinden zusammenarbeiten oder die Aufgabe an Dritte auslagern. Alle drei Varianten werden je nach Aufgabe heute angewendet und jede hat ihre Vor- und Nachteile. Kriterien wie die effiziente Aufgabenerfüllung, Erhalt der Gemeindeautonomie, Bürgernähe und direktdemokratische Kontrolle fliessen in die Entscheidungen über die Art der Aufgabenerfüllung ein. Auch die finanzielle Situation oder die Verfügbarkeit von Personen für politische Funktionen können die Zusammenarbeit bis hin zur Fusion beeinflussen.
Im Kernkapitel der Studie untersuchen wir, in welchen Grössenordnungen mögliches Effizienzpotenzial der Gemeinden in unterschiedlichen Integrationsvarianten - also bei einer verstärkten Zusammenarbeit, bei der Auslagerung von Aufgaben an Dritte und bei Gemeindefusionen - liegen. Zudem vergleicht die Studie die Gemeindestrukturen Liechtensteins mit denjenigen der deutschsprachigen Länder und beleuchtet Fragen der Gemeindeautonomie aus rechtlicher und finanzieller Perspektive.
Wir kommen zum Schluss, dass die Grössenstruktur der Gemeinden sowie deren finanzielle Situation keinen akuten Bedarf für tiefgreifende Strukturveränderungen der Gemeindelandschaft auslösen. Den Gemeinden gelingt es, ihre Aufgaben entweder selbstständig oder im Verbund zu lösen. Das Effizienzpotenzial von Gemeindefusionen hebt sich nicht wesentlich von demjenigen einer verstärkten Zusammenarbeit oder von der Auslagerung bestimmter Aufgaben ab. Verschiedene Vorteile wie beispielsweise Kosteneinsparungen oder Qualitätssteigerungen können auf diesem Weg ebenfalls realisiert werden, ohne die Nachteile von Gemeindefusionen eingehen zu müssen. Zu diesen zählt beispielsweise eine abnehmende demokratische Kontrolle durch den Verlust von Bürgernähe.
Diese komfortable Ausgangslage der Gemeinden birgt das Risiko einer «Komfortzone», da weder Budget- noch Marktdruck, wie sie die Privatwirtschaft kennen, Überprüfungs- und Veränderungsprozesse auslösen. Verschiedene Entwicklungen verändern aber die Rahmenbedingungen und Herausforderungen für die Gemeinden: demografischer Wandel, zunehmende Individualisierung, Urbanisierung des ländlich geprägten Raums, Vernetzung von Lebens-, Freizeit- und Wirtschaftsräumen, intensivere Koordination der Verkehrs- und Raumpolitik und schliesslich die Digitalisierung. Diese Entwicklungen fordern eine offene Haltung und Bereitschaft, gewachsene Strukturen regelmässig kritisch zu hinterfragen und bei Bedarf anzupassen.
Wir empfehlen der Gemeinde- und Landespolitik:
- die finanzielle Gemeindeautonomie durch klare Aufgaben und Finanzierungsverantwortung zu stärken,
- das vorhandene Effizienzpotenzial durch verstärkte Zusammenarbeit und durch die Auslagerung ausgewählter Aufgabenbereiche zu nutzen, und
- die Gemeindeaufgaben und -strukturen periodisch durch einen strukturierten Prozess zu überprüfen und gegebenenfalls veränderten Rahmenbedingungen anzupassen.