Zeitvorsorge - ein System auch für Liechtenstein?
Rund 300 Frauen und Männer engagieren sich heute als Freiwillige in den Alterspflege und -betreuungsinstitutionen in Liechtenstein. Sie erbringen damit einen unschätzbaren Beitrag für die Lebensqualität von alten Menschen. Unabhängig davon wird der Bedarf an fachlichen Personalressourcen für die professionelle Pflege in den nächsten Jahren deutlich zunehmen. Kann Freiwilligenarbeit nun einen Beitrag bei den Herausforderungen dieser demografischen Entwicklungen leisten?
Zeitvorsorge - ein Modell mit hohem gesellschaftlichen Wert
Bei der Unterstützung von hilfsbedürftigen Menschen haben sich auch im deutschsprachigen Raum Systeme etabliert, bei denen Freiwillige für ihre Leistung «Zeitgutschriften» erhalten, die sie zu einem späteren Zeitpunkt für den eigenen Konsum von Betreuungsleistungen einlösen können. Diese Hilfe und Entlastung im Alltag trägt dazu bei, dass ältere Menschen sozial integriert bleiben und länger in ihrem Zuhause leben können.
Auch in unseren zwei Nachbarstaaten haben sich solche Systeme etabliert. In Österreich bietet «Zeitpolster» Betreuungsleistungen mit aktuell sieben lokalen «Zeitpolster-Gruppen» an, vier davon in Vorarlberg (Bludenz, Dornbirn, Hard und Vorderwald). In der Schweiz hat sich die «KISS-Nachbarschaftshilfe» (Keep it small and simple) etabliert. Zur Zeit bestehen 18 selbständige KISS-Organisationen, weitere zehn konkrete Projekte befinden sich in der Realisierungsphase.
Abb.: Zeitvorsorgesysteme
Quelle: Publikation «Fachkräfte und Freiwillige - Wer pflegt und betreut uns im Alter?»
Beide Organisationen zielen im Kern darauf ab, Personen, die sich als Freiwillige engagieren möchten, mit Menschen zusammenzubringen, die auf Betreuungsleistungen angewiesen sind. In einzelnen Aspekten unterscheiden sich die Modelle, so zum Beispiel in der Finanzierung. Bei «Zeitpolster» bezahlt die betreute Person einen Beitrag, der auch die Organisationskosten deckt, während die Leistungen für «KISS»-Betreute unentgeltlich sind. Als Konsequenz ist KISS abhängig von Beiträgen der öffentlichen Hand und von Privaten.
Wirkung von Zeitvorsorgesystemen
Untersuchungen zeigen, dass Zeitvorsorgesysteme pflege- und alltagsunterstützend wirken und das Potenzial haben, in einem erheblichen Ausmass Personen für ein Engagement zu gewinnen, die zuvor nicht freiwillig tätig waren. Nach Ansicht von Zukunft.li sind können solche aus der Zivilgesellschaft entstehenden und von ihr getragenen Organisationen einen wertvollen gesellschaftlichen Beitrag leisten, werden aber die notwendigen Ressourcen für die fachliche Pflege und Betreuung nicht ersetzen. Wir haben uns mit Gernot Jochum Müller, dem Gründer von «Zeitpolster» über seine Organisation unterhalten. Dieser Link führt Sie zum Podcast. Detaillierte Informationen zur Publikation finden Sie hier.