Zeitenwende mit Ausrufezeichen
An einem Punkt waren sich sowohl Referenten als auch Podiumsteilnehmer einig: Wir stehen vor einer Zeitenwende. Ein «weiter wie bisher» wird es nicht geben, sowohl Politik als auch die Wirtschaft müssen sich auf eine neue Ära einstellen. Das Fragezeichen nach Zeitenwende im Titel der Veranstaltung hätte man also getrost durch ein Ausrufezeichen ersetzen können, hiess es vom Podium. Ebenfalls einig waren sich alle Beteiligten darin, dass trotz der wirtschaftlichen Herausforderungen der Klimawandel nicht in Vergessenheit geraten darf. «Wenn wir dieses Thema jetzt nicht angehen, dann wird es in Zukunft umso teurer werden», stellte Wirtschafts- und Umweltministerin Sabine Monauni auf dem Podium klar. Sie rechtfertigte damit das geplante Verbot von Öl- und Gasheizungen, das sie vor wenigen Tagen in die Vernehmlassung geschickt hatte. Die steigenden Energiepreise sorgten derzeit politisch für Rückenwind, um einen solchen Schritt durchzubringen. Fabian Frick, co-CEO der Hoval, kann einem Verbot hingegen nicht viel abgewinnen. Der Trend zu alternativen Heizsystemen wie Wärmepumpen bestehe ja schon länger und habe durch die steigenden Rohstoffpreise zusätzlich Schub bekommen. Deshalb würde das Vorhaben der Regierung keine spürbare Wirkung mehr erzielen. Die Anbieter hätten mit den bestehenden Kapazitäten und herausfordernden Lieferengpässen so schon Schwierigkeiten, die Nachfrage zu bedienen und deshalb liesse sich ein Verbot kaum umsetzen.
Hauen und Stechen bei der Materialbeschaffung
Es sei frustrierend, volle Auftragsbücher zu haben und nicht liefern zu können, betonte Fabian Frick weiter und sprach von einem «Hauen und Stechen» bei der Materialbeschaffung. «Wir gehen sogar soweit, dass wir Chips für unsere Zulieferer kaufen, damit diese uns sicher und schneller mit Vorprodukten beliefern können». Auch Jan Doongaji, designierter CEO der Hilti kämpft mit dem Lieferkettenproblem und mit den steigenden Rohstoffreisen. Die Hilti sei gezwungen, die Preise an die Kunden weiterzugeben, doch nicht alle Kunden könnten diese Preissteigerung letztendendes bezahlen. «Wir werden die Kosten zum Teil auch selbst tragen, weil wir das nicht nur als Investition, sondern auch als Business der Zukunft sehen», so Doongaji. Ungeachtet der Herausforderungen will der Baugerätehersteller die Nachhaltigkeit stark forcieren und bereits 2023 klimaneutral sein. Auch die Kreislaufwirtschaft, also die Wiederverwertung der Rohstoffe, wird Hilti weiter vorantreiben. Das koste zwar, es gebe aber durchaus einen Return on Investment. Immer mehr Kunden, aber gerade auch jüngere Mitarbeitende, würden grossen Wert auf dieses Thema legen. Auch Ursula Finsterwald, Head Sustainability von der LGT sieht diesen Trend als ungebrochen. Sie begrüsst eine aktive Rolle der Politik, beispielsweise ein Verbot von Öl- und Gasheizungen. Die Vergangenheit habe gezeigt, dass Anreize nicht ausreichen würden, um den Wandel in ausreichendem Tempo zu erreichen.
Notenbanken mit «Nebenmandaten» beschäftigt
Aber nicht nur von der Politik ist eine aktive Rolle gefordert, sondern auch von den Notenbanken. In einem Referat zum globalen Konjunkturausblick bemängelte Ökonom und Stiftungsratspräsident Peter Eisenhut, dass die Notenbanken das «Fossil» Inflation lange unterschätzt hätten, zu sehr seien sie mit «Nebenmandaten» wie der Stabilisierung der Börse oder des Euros beschäftigt gewesen. Er einräumte, dass ein Blick in die Zukunft derzeit sehr schwierig sei, geht er von einem Rückgang des BIP bei steigender Teuerung aus. Das Gespenst der Stagflation gehe wieder um, ein Phänomen, das letztmals im Zuge der Ölkrise der 70er-Jahre aufgetreten sei. Auch Andreas Brunhart, Forschungsleiter Volkswirtschaft des Liechtenstein-Instituts, blieb mit seinem Konjunkturausblick für Liechtenstein verhalten. Er zeigte auf, dass Kleinstaaten generell und Liechtenstein im Besonderen deutlich stärker auf internationale Konjunkturveränderungen reagieren und ortet eine Teilerklärung im praktisch fehlenden Binnenmarkt. Nachdem Liechtensteins Wirtschaft besser durch die Coronapandemie gekommen sei als zunächst erwartet, sei jetzt mit einer Abkühlung der Konjunktur zu rechnen. Wie stark diese ausfallen wird, würde wesentlich von den weiteren internationalen Entwicklungen im Zuge des Ukraine-Krieges abhängen.
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