Verstopfte Verkehrspolitik

Bereits im Jahr 1988 hatte es für ein Jahr einen Versuch im Land mit Gratis-ÖV gegeben. Das Ergebnis war wenig berauschend. Während nur wenige Pendler aus der Schweiz und Österreich vom eigenen Fahrzeug auf den öffentlichen Verkehr umgestiegen waren, füllten sich die Busse vor allem mit jüngeren und älteren Fahrgästen, die schon immer mal Malbun sehen oder Verwandten einen Besuch abstatten wollten. Kurz: Der Freizeitverkehr nahm zu, beim Autoverkehr änderte sich wenig. Allein der Anstieg an Fahrgastzahlen ist kein ausreichendes Zeichen dafür, dass die Politik wie erhofft wirkt.
Im Rahmen des «Mobilitätskonzepts 2030» ging die Regierung vor zwei Jahren bereits der Frage nach dem Gratis-ÖV nach. Dabei kam eine Infras-Studie, man ahnt es, zum Schluss, dass die erwünschte Verlagerung vom Auto hin zum Bus sich in Grenzen halten würde. Dies deckt sich auch mit den Erfahrungen mit Gratis-ÖV in Luxemburg, Tallinn und anderen europäischen Städten. Studien zu Verbilligungen von Bus und Bahn wie dem 9-Euro-Ticket in Deutschland oder dem Klimaticket in Österreich kommen zu ähnlichen ernüchternden Ergebnissen. In Liechtenstein kommen praktische Probleme wie die Koordination mit den ÖV-Netzen der Schweiz und Österreichs hinzu.
Und ausserdem: Die Auswirkungen eines Gratis-ÖV dürften auch gering sein, weil Gemeinden und manche Arbeitgeber LIEmobil-Abos bereits finanziell unterstützen. Neben einer Vielzahl an ermässigten Tarifen erhalten zudem ab August Schülerinnen und Schüler sowie Lehrlinge mit Wohnsitz in Liechtenstein ein kostenloses Jahresabo für das Netz von LIEmobil. Für den Umstieg vom Auto sind weniger der Preis als die Frequenz und die Qualität des ÖV entscheidend.
1988, das Jahr des ersten Versuchs, ist schon lange her, die Welt hat sich seitdem verändert. Es liesse sich argumentieren, dass deshalb eine erneute Probephase nicht verkehrt sei. Es bleibt aber unklar, ob der Gratis-ÖV ein ökologisches, soziales oder verkehrstechnisches Problem lösen soll. Statt auf alte Rezepte zu setzen, sollten vielmehr Konzepte gewagt werden, die das tatsächliche Verkehrsproblem im Land anpacken: den Verkehrsstau zu den Stosszeiten. Der Vorschlag von Zukunft.li: Wer vor allem zu Spitzenzeiten die Strassen mit dem Auto nutzt, soll dafür auch bezahlen. Gleichzeitig soll die Motorfahrzeugsteuer abgeschafft werden. Unternehmen experimentieren bereits mit Parkplatzgebühren und ÖV-Verbilligungen. Auch so können Bus und Bahn attraktiver werden.
Gerald Hosp
Der Text ist am 6.6.2025 in "Wirtschaft regional" erschienen.