Vermeintliches Doping

Diese «Polykrisen» haben die Begehren nach höherem staatlichem Schutz und vermehrter staatlicher Förderung massiv erhöht und den nationalen Fokus gefördert. Die Protektionisten, die Nationalisten, die Autokraten und die Subventionsverfechter haben zurzeit Hochkonjunktur. So zahlen Industriefirmen in Nachbarländern dank staatlichen Massnahmen bis zur Hälfte weniger für Strom als hiesige Unternehmen. An diesem wettbewerbsschädigenden Dopingwettlauf beteiligen sich neben der EU auch die USA und Asien. Will man nicht abgehängt werden, ist der Anreiz gross, selbst auch zum Subventionsdoping zu greifen. Vergessen wird dabei, dass die Subventionen von jemandem bezahlt werden müssen, wettbewerbsverzerrend sind und nicht nur zukunftsträchtige, sondern auch Verliererbranchen Staatskrücken erhalten. Hand in Hand mit der Subventionspolitik gehen die Abschottungs- und Autonomietendenzen in strategisch wichtigen Branchen wie Hochtechnologie, Rüstung, Medikamente, Lebensmittel oder Energie.
Selbst im Kampf gegen den Klimawandel – ein globales Problem, das nur global gelöst werden kann – werden die gleichen, altbekannten Instrumente ausgepackt. Gigantische Subventionspakete zum nationalen oder sogar lokalen Schutz statt Kostenwahrheit. Abschottung und Staatskrücken verhindern einen efzienten Einsatz der Ressourcen, verschleiern die wahren Kosten und schmälern somit den Wohlstand. Auch die Schweiz und Liechtenstein stehen leider bei diesen schädlichen Trends nicht gänzlich im Abseits. Argumente wie «das Geld im Inland behalten», «Unterstützung von Arbeitsplätzen und Innovation im Inland», «NettoNull so schnell wie möglich» oder «kein Ablasshandel» sind aus rein gesinnungsethischer Perspektive nachvollziehbar und gerade deshalb ein politisch attraktiver Weg. Aber wie so oft ist gut gemeint oftmals das Gegenteil von gut gemacht. Denn Abschottung, Subventionen und Nationalismus müssen nach den Folgen bewertet werden. Die Verantwortung für das Resultat muss von den Entscheidungsträgern übernommen werden. Aus einer verantwortungsethischen Beurteilung ist klar, dass Abschottung, Subventionen und der nationale Fokus der Kostenwahrheit widersprechen und schädlich sind. So wäre es im Klimaschutz zentral, dass der CO2- Ausstoss ein globales Preisschild erhält und die Mittel dort eingesetzt werden, wo sie zur höchsten CO2-Vermeidung führen, sowohl im In- als auch im Ausland.
Für kleinere Volkswirtschaften, die ihren Wohlstand einem ofenen und exportorientierten Geschäftsmodell zu verdanken haben, sind diese Tendenzen besonders schädlich. Umso unverständlicher ist es, wenn man von allen anderen Ländern ofene Märkte, keine Wettbewerbsverzerrung und einen internationalen Fokus fordert und sich selbst aus rein gesinnungsethischer Sicht entgegengesetzt verhält.
Peter Eisenhut, Präsident Stiftung Zukunft.li