Preis der Ignoranz
Der Preis bzw. die Kosten von Ignoranz hingegen sind enorm. Die soeben erschienene Bildungsstudie der Stiftungzukunft.li zeigt, dass unzureichende Bildung gemäss verschiedenen Untersuchungen hohe volkswirtschaftliche Kosten verursacht: Ignoranz führt zu ineffizienten Entscheidungen, Fehlinvestitionen, verpassten Chancen und begünstigt Armut und Ungleichheit. Ignoranz beeinflusst zudem politische Entscheidungsprozesse, weil sie die Fähigkeit einschränkt, rational begründete Entscheidungen zu treffen. Ignoranz schadet der Demokratie, fördert Politikverdrossenheit und führt zu ineffektiver Regierungsführung mit hohen gesellschaftlichen Kosten.
Alles in allem ist der Preis der Ignoranz hoch, weil sie das Potenzial für Entwicklung und Wachstum reduziert, Ressourcen verschwendet und negative Auswirkungen auf die Lebensqualität hat. In einer Welt, in der Wissen so leicht zugänglich ist wie nie zuvor, ist es doch paradox, dass Ignoranz eine weit verbreitete Haltung ist. Ignoranz ist eben nicht nur eine Frage des Mangels an Wissen oder Bildung, sondern auch eine bewusste Entscheidung, sich Informationen zu verschliessen, sie zu ignorieren oder sie sogar zu verleugnen. Warum aber wird Ignoranz willentlich gewählt?
Ein Grund dafür ist, dass wir unangenehme Informationen gar nicht hören wollen, zumal wir uns diesen oftmals hilflos ausgeliefert fühlen. Das gewollte Nichtwissen dient so dem Schutz der eigenen Psyche – Ignoranz kann glücklich machen. Sicher kennen auch Sie Personen, die bewusst keine Zeitung mehr lesen und sich von Nachrichtensendungen verabschiedet haben. Weitere Gründe für selbst gewählte Ignoranz sind Angst vor Veränderungen oder ideologische Überzeugungen, die durch widersprechende Informationen unerwünschte Verunsicherungen und schlechte Gefühle auslösen können. Alles auszublenden, was nicht der persönlichen Meinung entspricht, hilft, die eigene Orientierung zu sichern und so das Wohlbefinden zu fördern.
Studien belegen zudem, dass Unwissenheit oft zu mehr Selbstvertrauen führt als Wissen, denn ignorante Menschen überschätzen in der Regel ihre Fähigkeiten und sie erkennen ihr Nichtwissen gar nicht. Sie sitzen auf dem «Mount Stupid», ruhen sich aus und geniessen stolz die Aussicht. Diese Tendenzen sind gefährlich, weil sie die hohen Kosten der Ignoranz verschleiern. In einer Welt, die mit komplexen und dringenden Problemen konfrontiert ist, steigen die Kosten von Ignoranz exponentiell an. Die Bekämpfung von Ignoranz ist deshalb eine äusserst lohnenswerte Investition. Es ist höchste Zeit, Verantwortung zu übernehmen und sich selbst herauszufordern, aktiv nach Wissen zu streben. Einen effektiven Beitrag kann die Politik leisten, indem sie unser Bildungssystem optimiert.
Peter Eisenhut, Ökonom und Präsident der Stiftung Zukunft.li