Pflegeengpass bahnt sich an
Barbara Frommelt, Geschäftsführerin der Familienhilfe Liechtenstein und Thomas Riegger, Geschäftsführer der Liechtensteinischen Alters- und Krankenhilfe (LAK) tun sich schon heute schwer, qualifizierte Fachkräfte zu finden. Zehn von 130 Vollzeitstellen seien in den fünf Pflegeheimen der LAK derzeit vakant, beziffert Riegger im Podcast. Das Problem werde sich in den nächsten Jahren deutlich verschärfen: «Wir rechnen in den kommenden fünf Jahren mit 60 Vollzeitstellen, die wir neu besetzen müssen. Aufgrund des hohen Teilzeitanteils in unserer Branche entspricht das rund 80 bis 90 Personen, die wir neu rekrutieren müssen.»
Mit ähnlichen Herausforderungen sieht sich Barbara Frommelt von der Familienhilfe konfrontiert. Um konkurrenzfähig zu bleiben, seien gute Arbeitsbedingungen zentral. So spielten beim Stellenwechsel Lohn, Betriebskultur und auch Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten eine wichtige Rolle. «Besonders schwer zu besetzen sind Stellen, die einen Bachelor- oder Masterabschluss erfordern», betont Frommelt. Oft scheitere es an finanziellen Gründen, Personen mit abgeschlossener Lehre oder Matura für eine Aus- oder Weiterbildung an einer höheren Fachschule oder Hochschule zu motivieren. Diesbezüglich hofft auch sie auf die rasche Umsetzung der Pflegeinitiative in der Schweiz. Das Massnahmenpaket sieht unter anderem vor, dass Betriebe für ihre Ausbildungstätigkeiten besser entschädigt werden. Da sich Liechtenstein am Kanton St. Gallen orientiert, dürfte diese Massnahme auch hierzulande zum Tragen kommen.
|
|
Darum wird sich der Engpass verschärfen
Eine Verbesserung der Ausbildungssituation ist dringend nötig, denn der Bedarf an Fachpersonal wird in Zukunft massiv ansteigen, davon ist Thomas Lorenz von Zukunft.li überzeugt. Mit der Publikation «Fachkräfte und Freiwillige: Wer pflegt und betreut uns im Alter?» wies der Think Tank bereits 2019 auf die Brisanz des Themas hin. Hier die wichtigsten Gründe:
- Der Anteil der Menschen ab 65 wird wegen der Babyboomer bis 2050 auf fast 30 Prozent der Bevölkerung ansteigen. Das Verhältnis zwischen hochaltrigen Menschen ab 80 Jahre und der aktiven Bevölkerung (20 bis 64 Jahre) sinkt bis dahin vom Verhältnis 1 zu 18.4 (2015) auf 1 zu 4.5 (2050).
- Rund 40 Prozent des Personals in der ambulanten und stationären Alterspflege erreicht in den nächsten 15 Jahren das Pensionsalter und muss zusätzlich zum steigenden Bedarf ersetzt werden.
- Das Potenzial innerfamiliärer Pflege- und Betreuung wird in den nächsten Jahren aus verschiedenen Gründen deutlich sinken. Ein wesentlicher Aspekt ist, dass künftige Hochaltrige schon wegen kleineren Familiengrössen deutlich weniger auf eigene Kinder zurückgreifen können.
- Die Abhängigkeit vom Ausland ist gross. Fast die Hälfte der Beschäftigten im Pflegebereich pendelt nach Liechtenstein.