Newsletter 12-18: Baustelle Finanzausgleich
Nicht selten führen gerade Probleme bei der Besetzung politischer Funktionen zu Fusionsüberlegungen. Auch finanzielle Herausforderungen können entsprechende Prozesse auslösen. Obwohl beide Aspekte bis anhin für die liechtensteinischen Gemeinden nicht zutreffen, wird die Frage nach der Notwendigkeit von 11 Gemeindestrukturen regelmässig aufgeworfen. In unserer Studie «Effizienzpotenzial der Gemeinden - Aufgabenerfüllung im Spannungsfeld zwischen Autonomie und Fusion» haben wir festgestellt, dass sich die Einsparmöglichkeiten von Gemeindefusionen nicht wesentlich von denen bei einer intensiveren Zusammenarbeit unterscheiden. Als Steuerzahler dürfen wir erwarten, dass auch die neuen Gemeindeverantwortlichen daran arbeiten, diese Potenziale im Sinne einer effizienten Aufgabenerfüllung ausschöpfen.
Baustelle Finanzausgleich
Ein zweites - für die Gemeindepolitik wesentliches Thema - ist die Frage nach den für die kommunale Aufgabenerfüllung notwendigen finanziellen Mitteln. Als Einnahmenquellen stehen den Gemeinden Steuern, Gebühren und Vermögenserträge zur Verfügung. Weil aber nicht alle Gemeinden genug Einnahmen erzielen, um ihre Aufgaben zu finanzieren, erhalten sie vom Land Mittel über den Finanzausgleich. Gemessen werden die Unterschiede mit der sogenannten «Standardisierten Steuerkraft» (SSK), und sie sind bei den liechtensteinischen Gemeinden sehr hoch:
Abb: Standardisierte Steuerkraft 2017 vor und nach Finanzausgleich
Quelle: Rechenschaftsbericht 2017 der Regierung, eigene Berechnungen
Der liechtensteinische Finanzausgleich fliesst allerdings nur vertikal - also vom Land zu den Gemeinden. So werden die Steuerkraftunterschiede zwischen den Gemeinden wohl reduziert, Gemeinden mit einer sehr hohen Steuerkraft sind davon aber nicht tangiert. Diese erzielen regelmässig sehr hohe Überschüsse, dürfen wegen gesetzlichen Einschränkungen jedoch ihre Gemeindesteuern nicht senken. Dies kann weder im Interesse der öffentlichen Hand noch der Steuerzahler sein.
Die meisten Schweizer Finanzausgleichssysteme kennen auf Kantonsebene neben dem vertikalen Geldfluss auch einen horizontalen Ausgleich. Dabei werden Mittel von Gemeinden mit einer hohen Steuerkraft zu Gemeinden mit geringer Steuerkraft umverteilt. Die Reduktion der hohen Unterschiede in der Steuerkraft erfolgt damit nicht nur durch eine Anhebung bei den schwächeren Gemeinden, sondern auch durch eine Absenkung bei den stärkeren.
Handlungsbedarf erkannt - wie weiter?
Die Regierung hat in der Beantwortung eines Landtagspostulats zu diesem Thema ebenfalls erkannt, dass die Steuerkraftunterschiede im heutigen System nicht ausreichend abgebaut werden und dem Landtag einen Vorschlag unterbreitet, wie dies besser erreicht werden könnte. Die Landtagsdebatte dazu ergab ein klares Bild: Nicht nur die Regierung, sondern auch sämtliche Votanten erkannten Handlungsbedarf. Unterschiedliche Meinungen bestanden in der Art und Weise, wie der politische Prozess gestaltet werden soll. Eine Minderheit unterstützte den Regierungsvorschlag, während eine Mehrheit sich einen umfassenderen Ansatz wünschte und von der Regierung erfahren wollte, wo die mit dem Vorschlag für das Land verbundenen zusätzlichen Mittel eingesetzt werden sollten.
Wir sind der Meinung, dass der Regierungsvorschlag in seiner Wirkung der Einführung eines horizontalen Finanzausgleichs sehr nahe kommt. Andererseits ist eine Analyse und Bewertung aller Komponenten des Finanzzuweisungssystems nach zehn Jahren seit der Schaffung des heutigen Finanzausgleichs in einem Prozess, der auch die Gemeinden mit einbezieht, zielführend.
Bei einer solch klaren politischen Einigkeit zum Handlungsbedarf werden wir mit Interesse verfolgen, wie sich die Thematik weiter entwickelt. Wenn Sie sich zu grundsätzlichen Fragen des Finanzausgleichssystems interessieren, finden sie in unserer Studie eine ausführliche Betrachtung dazu.