Newsletter 07-18: Mobilität vor Nachhaltigkeit
Zum Beispiel steigt die Motorisierungsquote der Einwohner in Liechtenstein stetig an. 1990 entfielen 594 Personenwagen auf 1‘000 Einwohner. 2017 liegt die Kennzahl schon bei 785 Personenwagen pro 1‘000 Einwohner. In unseren Nachbarländern lag die Motorisierungsquote 2017 bei 543 (CH) bzw. 546 (AT). Herr und Frau Liechtensteiner sind damit um rund 44% «motorisierter» als unsere Nachbarn! Eindrücklich ist auch der Vergleich zwischen dem Wachstum der Bevölkerung und der Anzahl der Personenwagen. Die Bevölkerung wuchs von 1990 - 2017 um durchschnittlich 1.1% pro Jahr, während die Anzahl Personenwagen im selben Zeitraum um durchschnittlich 2.1% zunahm. LIechtenstein, das Autoland!
Nur noch jeder Vierte nutzt umweltfreundliche Verkehrsmittel
Die hohe Motorisierungsquote hat direkte Auswirkungen auf den zweiten Nachhaltigkeits-Indikator im Bereich Mobilität: Den umweltfreundlichen Personenverkehr. Er misst den Anteil am täglichen Arbeitsverkehr, der nicht mit privaten motorisierten Verkehrsmitteln erbracht wird. Konkret wird der Anteil aller Erwerbstätigen, die für ihren Arbeitsweg den öffentlichen Verkehr oder z.B. das Fahrrad anstatt des eigenen Autos nutzen, ausgewiesen.
Quelle: Indikatorensystem für eine nachhaltige Entwicklung, Amt für Statistik, 2018.
Der Anteil des umweltfreundlichen Personenverkehrs hat sich in den letzten 45 Jahren massiv reduziert. Benutzte 1970 noch jeder Zweite ein umweltfreundliches Verkehrsmittel für den Arbeitsweg, so ist dies heute nur noch jeder Vierte.
Ausweitung auf Ausweichrouten
Diese Entwicklungen haben auch Auswirkungen auf die Verteilung des motorisierten Individualverkehrs auf die bestehenden Strassen und Knotenpunkte. So zeigen erste Ergebnisse einer Studie, die wir in Auftrag gegeben haben, folgendes: Während bei bereits überlasteten Achsen wie der Rheinbrücke Schaan oder dem Zollübergang Schaanwald die Belastung in den Jahren 2009-2016 nur noch leicht gewachsen ist, hat diese auf den Ausweichrouten wie der Rheinbrücke Ruggell oder dem Zollübergang Nofels-Ruggell um bis zu 40% zugenommen.
Insgesamt 30'000 Pendler jeden Tag
Häufig, aber nicht ausschliesslich, konzentriert sich der Verkehr dabei auf den Berufsverkehr, bei welchem die über 20’000 Zupendler eine relevante Rolle spielen. Gerne wird aber übersehen, dass auch innerhalb Liechtensteins jeden Tag über 10‘000 Personen an ihren Arbeitsplatz pendeln, da sie nicht im selben Ort wohnen und arbeiten. In dieser Zahl sind diejenigen, die innerhalb der eigenen Gemeinde arbeiten und das Auto für den Arbeitsweg nutzen, noch nicht enthalten. In Kombination mit dem sehr niedrigen Besetzungsgrad eines Personenwagens auf dem Arbeitsweg von 1.04 Personen (CH: 1.38 Personen) leisten die Einwohner damit auch einen relevanten «Beitrag» zur aktuellen Verkehrssituation in Liechtenstein. Wir alle sind also zugleich Leidtragende wie überwiegend auch Mitverursacher der heutigen Verkehrssituation.
Zukunft.li wird in einer Studie zur Raumentwicklung Liechtensteins unter anderem die aktuelle Verkehrssituation untersuchen. Es ist notwendig, die anstehenden räumlichen Herausforderungen, die auch den Verkehr umfassen, aktiv anzugehen. Denn schon Winston Churchill hat gewusst: «Man löst keine Probleme, indem man sie auf Eis legt.»
In diesem Sinne wünschen wir ihnen einen warmen Sommer!