Liechtenstein ist nicht Grönland oder Panama, oder?

Die Einfuhr von Waren aus Mexiko, Kanada und China belegte Trump bereits mit hohen Strafzöllen. Nach jeweiligen Deals gewährte Trump Mexiko-City und Ottawa, aber nicht Peking, eine Gnadenfrist. Die Zölle sind jedoch noch nicht vom Tisch. Und mit der EU hat Trump bereits das nächste Opfer im Visier. Für den US- Präsidenten sind Zölle eine wirtschaftliche Waffe, mit der er auch nicht-wirtschaftliche Ziele erreichen will.
Selbst wenn Trump mit seinen Zolldrohungen vorrangig „die Kunst des Deals“ im Auge hat, kann es leicht zu einer Eskalation kommen, wenn andere Länder und Handelsblöcke mit Vergeltungsmassnahmen reagieren: Ein ausufernder Handelskrieg könnte ausbrechen. Vor allem ist es aber ein Verlust an Verlässlichkeit und eine Erhöhung der Unsicherheit in der Handelspolitik. Denn Trump kennt weder Freund noch Feind.
Trump betrachtet jedes Handelsbilanzdefizit mit einem anderen Land als Abzocke. Ökonomen argumentieren, dass mit Zöllen keine Defizite abgebaut werden: Ein Handelsdefizit entsteht, weil die USA mehr kaufen als herstellen. Die Amerikaner müssten mehr sparen und weniger investieren, um das Defizit zu verringern. Zollerhöhungen führen zudem zu einer Aufwertung des Dollars, was die Wettbewerbsfähigkeit einschränkt.
Für Trump hingegen sind Zölle der schönste Begriff im Wörterbuch. Muss sich Liechtenstein also warm anziehen? Die USA sind ein wichtiger Markt für das exportorientierte Land. Rund ein Viertel des gesamten Liechtensteiner Handelsbilanzüberschusses ging in den vergangenen Jahren auf die USA zurück. Nur Deutschland und Österreich im Jahr 2023 waren als Absatzmärkte bedeutsamer als die USA. Bei den Zahlen ist jedoch die Schweiz ausgenommen.
Es steht einiges auf dem Spiel. Direkte Zölle gegen Liechtenstein sind wenig wahrscheinlich, auch wenn es sich denken lässt, dass die Amerikaner mit Strafzöllen beispielsweise ihren Sanktionen Nachdruck verleihen könnten. Ähnliches gilt für die Schweiz. Die grössere Gefahr sind allgemein höhere Zölle für alle amerikanischen Handelspartner.
Liechtenstein könnte aber auch unmittelbarer durch Zölle geschädigt werden, die andere Länder betreffen. So haben beispielsweise Hilti und Thyssenkrupp Presta Produktionsstätten in Mexiko. Liechtensteiner Unternehmen liefern zudem Vor- und Zwischenprodukte für Exporte in die USA aus Ländern wie der EU. Und auch die Gegenmassnahmen der anderen Staaten könnten Liechtenstein treffen. Nicht zu vergessen: In unsicheren Zeiten gilt der Franken als sicherer Hafen, was die Schweizer Währung stärkt und die Exporteure ins Schwitzen bringt.
Es gibt auch Chancen: Liechtenstein könnte davon profitieren, dass der Handel hin zu Ländern ohne Strafzölle umgelenkt wird. Washington will zudem Länder identifizieren, mit denen bilaterale oder sektorspezifische Abkommen abgeschlossen werden könnten. Die Efta-Mitglieder Schweiz, Island, Norwegen und Liechtenstein bieten sich an: bedeutend genug, aber machtpolitisch unbedenklich. Die Schweiz hatte während Trumps erster Amtszeit bereits die Fühler ausgestreckt. Die USA sind jedoch an einer Öffnung des Landwirtschaftsmarktes interessiert, was auf Widerstand der Bauernlobby in der Schweiz stösst.
Liechtenstein muss als kleines Land nach vielen Seiten offen sein und seine Hausaufgaben zur Standortattraktivität machen, um die Stürme im Welthandel überstehen zu können. Dies wird auch nach der Amtszeit von Trump so bleiben: Die Zeichen stehen ohnehin für eine längere Periode auf Protektionismus und Blockbildung.
Gerald Hosp, Geschäftsführer von Zukunft.li. Der Text ist in "Wirtschaft regional" am 7.2.2025 erschienen.