Liechtenstein hat beim Freiheitsindex von Avenir Suisse die Nase vorn

Interessanterweise sind es gerade nicht – wie auf den ersten Blick zu vermuten – die ökonomischen Indikatoren, die Liechtenstein zum ersten Platz verhelfen. Vielmehr sind es laut Avenir Suisse vor allem das weiträumige Unterlassen von Verboten und die liberalen Ansätze sonstiger Regelungen bei den zivilen Freiheiten, die den Ausschlag geben. Verglichen mit dem Schweizer Kantonsdurchschnitt gelingt es beispielsweise in Liechtenstein fast dreimal schneller, eine Baubewilligung zu bekommen. Auch bei den staatlichen Wohnbauinvestitionen oder der Bonität erreicht Liechtenstein Bestwerte. Ausserdem werden die zivilen Freiheiten weniger restriktiv eingeschränkt – so sind Nichtraucherschutz, Alkoholkonsum- und Vermummungsverbot in der Öffentlichkeit deutlich lockerer, als in so manchem Schweizer Kanton.
Vergleichsweise lange Fristen bei Einbürgerung
Liechtenstein dominiert den Avenir-Suisse-Freiheitsindex jedoch keineswegs absolut. Es gibt auch Bereiche, in denen Liechtenstein durch einen Blick über die Grenze noch an «Freiheit» gewinnen könnte. So schneidet das Fürstentum beispielsweise beim Indikator «Dezentralisierung» nicht gut ab. Dieser zeigt die Aufgabenteilung zwischen Kanton – respektive dem Land – und den Gemeinden und damit den Grad der Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips, also dem Gebot, dass eine Aufgabe möglichst von der kleinsten «zuständigen» Einheit übernommen werden soll. Ausserdem fallen die Wohnsitzfristen bei Einbürgerungen in Liechtenstein besonders lange aus und es existiert keine gesetzlich festgelegte Dauer für die Aufbewahrung von Videoüberwachungsdaten des öffentlichen Raumes. Allgemein ist anzumerken, dass aufgrund abweichender Regelungen und unterschiedlicher Datenlage die Vergleichbarkeit bei einzelnen Indikatoren nicht zu 100 Prozent gegeben ist.
Appenzell Ausserrhoden «freister» Schweizer Kanton
Von den Schweizer Kantonen ist Appenzell Ausserrhoden neuer Spitzenreiter und verdrängt den letztjährigen Sieger Schwyz von der Spitze. Der grösste Sprung nach vorne gelang dem Kanton St. Gallen, der sich vor allem bei den zivilen Indikatoren verbessert hat. In Bezug auf die zivilen Freiheiten bleibt trotzdem der Kanton Jura führend, der im Gesamtranking der bestplatzierte welsche Kanton ist. Die grössten ökonomischen Freiheiten finden sich weiterhin im Kanton Schwyz. Dabei sind nicht nur die steuerlichen Rahmenbedingungen ausschlaggebend, sondern auch Indikatoren wie die Ladenöffnungszeiten oder Gastgewerbegebühren.
Freiheit bleibt ein subjektives Konzept
Der Avenir-Suisse-Freiheitsindex ist eine interaktive Online-Publikation. Die einzelnen Indikatoren können einfach ein- oder ausgeschaltet werden, um so einen personalisierter Freiheitsindex zu erhalten. Schliesslich ist es stark von der eigenen, individuellen Beurteilung abhängig, ob und wie stark etwa ein Gesetz als Einschränkung der persönlichen Handlungsoptionen empfunden wird.
Corona-Pandemie ausgeklammert
Die Indikatoren sind ein Abbild der ökonomischen und zivilen Freiheiten vor der Corona-Pandemie, welche die Diskussion über Freiheit intensiviert hat. Die rasant ändernden, aktuellen Entwicklungen aufgrund der Pandemie lassen sich nicht in einem Konstrukt wie dem Avenir-Suisse-Freiheitsindex abbilden. Avenir Suisse plant jedoch, die ergriffenen Massnahmen der einzelnen Kantone im kommenden Jahr in einer separaten Publikation zu analysieren.